Aus dem Stadtrat vom 24.6.: Digitales Klassenzimmer

Corona hat uns gezeigt, welche positiven Seiten die Digitalisierung vieler Prozesse haben kann. Auch im schulischen Bereich. Dennoch werden meine Fraktion und ich diesen Antrag ablehnen. Ich will dies kurz begründen.

Zum einen gibt es – wie schon in der Stellungnahme der Verwaltung beschrieben – immer noch Unklarheiten bzgl. des Datenschutzes. Die müssen erst klar beseitigt werden, bevor die Lehrerschaft dazu übergehen kann dieses System zu nutzen. Erst vor kurzem gab es Probleme in Thüringen bzgl. Datenschutz beim Homeschooling, wo der Landesdatenschützer mit Bußgeldern für Lehrer*innen gedroht hat. Das Problem ist also nicht wegzureden.

Damit kommen wir zu einer nächsten Baustelle bzw. Hürde. Es ist ja – wie in vielen Bereichen – nicht damit getan, dass wir einfach die Software bzw. Endgeräte zur Verfügung stellen. Zum einen brauchen wir Personal, die die Hard- und Software warten und für Fragen für die Endnutzer*innen zur Verfügung stehen. Die Lehrerinnen und Lehrer müssen gut geschult sein, damit sie das System fehlerfrei nutzen können. Hinzu kommt eben die Technik im Hintergrund, die wir als Stadt dann anschaffen müssen. All dies und die damit verbundenen Kosten sind im Antrag nicht mit berücksichtigt bzw. überhaupt erwähnt.

Btw: Alles Fragen, die wir uns auch im Rahmen der letztens beschlossen Bürger-App stellen müssen.

Und in den Zusammenhang komme ich zu unseren letztem Kritikpunkt: Die Verwaltung spricht in ihrer Stellungnahme wieder einmal, dass wenn es umgesetzt wird es zu einer Zentrallösung kommen soll. Wir halten dies aber für fachlich falsch. Zentrallösungen sind immer anfällig für Datenmissbrauch und Hackerangriffe. Die großen Player in dem Feld werden natürlich immer das als das einzig Wahre anpreisen, weil es weiter ihre Monopolstellung sichert und sie dadurch mehr Geld verdienen als bei Einführung einer dezentralen Lösung. Aber wenn man sich mit Fachleuten in dem Bereich Digitalisierung Verwaltungsprozesse unterhält, bekommt man ein gegensätzliches Bild gezeichnet. Und bevor das Argument kommt: Dezentrale Lösung heißt ja nicht, dass dann unterschiedliche Software angewendet wird oder ein höherer Personaleinsatz erforderlich ist.

Ich möchte noch einmal betonen, dass wir nicht perse dagegen sind, zukünftig das Klassenbuch ins digitale Zeitalter zu überführen. Das ist sogar sehr vernünftig. Aber hier gibt es noch zu viele Unklarheiten in der Umsetzung. Ein Schnellschuß, wie hier im Antrag gefordert, würde uns aktuell eher Probleme bringen. Denn nur weil ein Projekt das Label „digital“ aufgedruckt bekommt, heißt es nicht, dass wir sofort in Euphorie ausbrechen und sofort in die Umsetzung gehen müssen. Im Gegenteil: Wie überall muss jeder Aspekt genau betrachtet und geprüft werden. Und das fehlt uns hier einfach.

Vielen Dank.