Aus dem Stadtrat vom 15.11.2023: Fraktionserklärung aus aktuellem Anlass

Chemnitz lädt im Dezember zu 1. Jugendmeeting – endlich, möchten wir sagen, aber auch danke, dass der Startschuss gefallen ist. Wir alle wissen um die Folgen, die unsere Stadt zu tragen hat, wenn junge Menschen nach der Schulausbildung Chemnitz verlassen und das vielleicht auch endgültig. Den Titel „älteste Stadt Europas“ haben wir mehrfach erhalten. Das Durchschnittsalter beträgt in der Stadt ca. 46 Jahre.

Es ist für uns Stadträtinnen und Stadträte schon niederschmetternd, wenn man die aktuelle Jugendumfrage z. B. zum Thema Umzugsabsicht anschaut und dort sieht, dass nur 22 % der Befragten planen, in den nächsten fünf Jahren in Chemnitz zu bleiben. Sicherlich wird die eine oder andere Entscheidung den Lebensweg vielleicht doch anders lenken, als sie es jetzt planen. Aber die Ergebnisse der Befragung beschäftigen uns sehr und zeigen das Bild, das junge Menschen von Chemnitz und ihrer Zukunft hier haben.

Negativ fällt auch die Meinung über die beruflichen Möglichkeiten aus. Die Hälfte der Befragten sieht keine Möglichkeit, die eigenen beruflichen Vorstellungen in Chemnitz umzusetzen und das insbesondere in den sehr wichtigen Themen Gesundheit und Sozialwesen sowie Erziehung und Unterricht! Wir müssen uns fragen: fehlt es tatsächlich an diesen Ausbildungsmöglichkeiten oder werden vorhandene Angebote nicht ausreichend wahrgenommen? Auf jeden Fall müssen wir in die Tiefe gehen, an vielen Stellen noch mehr hinschauen, was genau sich die jungen Menschen wünschen.
Denn wenn die Frage nach Freizeitevents, die persönlichen Interessen und Vorlieben entsprechen, von 48 % der Befragten so beantwortet werden, dass die Veranstaltungen weder wirklich passend noch unpassend sind, hinterlässt dies bei uns Fragezeichen. Diese Fragen wollen wir gern beantwortet haben und ich denke, die Stadtverwaltung möchte das auch.

Die Umfrage bedeutet einen großen Pack an Hausaufgaben für uns als Stadtrat und für die Verwaltung und zwar quer durch alle Bereiche. Da werden fehlende Bars und Clubs, Freizeit‑, Sport- und Erholungsmöglichkeiten, die wenig fahrradfreundliche Infrastruktur und das zu langsame Internet bemängelt. An manchen Stellen vielleicht zu Unrecht, an vielen Stellen aber sicherlich zurecht. Ja, es kann ein Stück weit auch ein Wahrnehmungsproblem sein, aber damit dürfen wir uns auf keinen Fall herausreden.

Wenn junge Menschen wenig Perspektiven in Chemnitz sehen und hauptsächlich die Nähe zu Freunden und Verwandten sie hier halten, ist das der Anspruch an uns selbst, die anderen Kriterien besser zu machen und besser wahrnehmbar zu machen. Die Umfrage ist für uns nicht nur bloßes Papier, sondern Kritik und Auftrag für uns und unsere Arbeit als Stadträtinnen und Stadträte.