Aus dem Stadtrat vom 30.8.: Gedenkstunde zum 75. Jahrestag der Befreiung

Ich möchte beginnen mit einem Zitat von Noach Flug, Überlebender des Konzentrationslagers Auschwitz und ehemaliger Präsident des Internationalen Auschwitz Komitees:

Die Erinnerung ist wie das Wasser: Sie ist lebensnotwendig und sie sucht sich ihre eigenen Wege in neue Räume und zu anderen Menschen. Sie ist immer konkret: Sie hat Gesichter vor Augen, und Orte, Gerüche und Geräusche. Sie hat kein Verfallsdatum und sie ist nicht per Beschluß für bearbeitet oder für beendet zu erklären.“

Im Rathaus erinnert seit Januar diesen Jahres eine Gedenkplatte an ehemalige Chemnitzer Stadträte, damit wir derer gedenken, die sich in demokratischen Institutionen engagiert haben wie auch meine Kolleginnen und Kollegen es heute tun nur hatten sie es damals ungleich schwerer. Wir können heute aus der Geschichte unseres Landes und unserer Stadt schöpfen, aus dem Engagement ehemaliger Stadträtinnen und Stadträte lernen.

Erinnerung das ist das Stichwort des heutigen Tages. Denn heute geht es darum, sich an
unsere Vorgängerinnen und Vorgänger zu erinnern.

Zum Beispiel Kurt Fischer, Mitglied des Arbeiter- und Soldatenrates und Mitbegründer der KPD in Chemnitz. 1931 zog Kurt Fischer als Abgeordneter der kommunistischen Fraktion in das Chemnitzer Stadtparlament ein, dem er bis zu seiner Auflösung 1933 angehörte. Wie überliefert ist, war er unbequem und nicht zimperlich bei der Wahl seiner Worte. Das brachte ihm zahlreiche Zurechtweisungen, Verweise und strafrechtliche Androhungen durch den Stadtverordnetenvorsteher ein. Er tat dies aus seinem Kampf gegen soziale Ungerechtigkeit heraus. Nach der Machtübernahme der Faschisten wollte er in der Illegalität weiterkämpfen. Verhaftung, Zuchthaus und 1941 in Buchenwald verstorben.

Und wir erinnern an Erich Schmidt, 1927 bis 1929 vertrat er die KPD-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung. Mit seinem Schwiegervater, Arthur Strobel, der ebenfalls Mitglied der Stadtverordnetenversammlung in der SPD-Fraktion war, lieferte er sich – so ist es überliefert – in den Sitzungen oftmals Auseinandersetzungen ohne Rücksicht auf ihre verwandtschaftlichen Verhältnisse. 1933 wurde Erich Schmidt verhaftet und verhört, danach kam er ins Polizeigefängnis in der Langen Straße und anschließend in das KZ Sachsenburg. Nach seiner Entlassung setzte er seinen Kampf gegen den Faschismus in der Illegalität fort, wurde erneut verhaftet. Ebenso sein Schwiegervater Arthur Strobel kam ins Konzentrationslager Sachsenhausen, später in das KZ Flossenbürg, wo er am 20. April den berüchtigten Hungermarsch nach Dachau antrat und nicht überlebte.

Dies waren nur zwei Beispiele. Zwei Leben. Zwei Schicksale. Zwei Opfer des Nationalsozialismus!

Die Erinnerung an diese Menschen all jene, die gegen den Hitlerfaschismus in jeglicher Weise gekämpft und gewirkt haben, scheint immer mehr im gesellschaftlichen Leben zu verblassen. Deshalb ist der heutige Tag und jeder andere Gedenktag so wichtig, um die Erinnerung an diese Menschen wiederzubeleben. Millionen Menschenleben kosteten die Verbrechen des Nationalsozialismus und unter ihnen waren nicht wenige Politikerinnen und Politiker.

Unsere Verantwortung heute liegt darin, uns mit diesem dunklen Kapitel unserer Geschickte aktiv auseinanderzusetzen und all derer zu gedenken, die im Kampf für Demokratie, Freiheit und Frieden ihr Leben ließen! Wider dem Vergessen!