Aus dem Stadtrat vom 17.3.: Geschlechtergerechte Hauptsatzung des Stadtrates

Die Forderung nach geschlechtergerechter Sprache wird in Deutschland seit nun mehr als 40 Jahren breit diskutiert und wurde in umfangreichen theoretischen, praktischen und sprachpolitischen Arbeiten aufgearbeitet.

Die feministische Linguistik fordert bereits seit Ende der 1970er das generische Maskulinum im allgemeinen Sprach- und Schriftgebrauch durch geschlechtergerechte Formulierungen zu ersetzen.

In allen Amtssprachen ist es inzwischen Usus, dass Texte mit direktem Adressant*innenbezug geschlechtergerecht oder ohne direkten Personenbezug abgefasst werden.

Die Diskussion um die Gleichbehandlung und Gleichstellung aller Geschlechter in allen Gesellschaftsbereichen hat längst alle Wissenschaftsbereiche erreicht. Im Mittelpunkt steht in der Regel die Frage, wie die Benachteiligung von Menschen, die von Sexismus betroffen sind, überwunden werden kann.

Auch wenn die Frage, was unter geschlechtergerechter, geschlechtersensibler bzw. nichtsexistischer Sprache zu verstehen sei, unterschiedlich beantwortet wird, geht es im Wesentlichen um die Art und Weise, wie Personen in Texten und im Sprachalltag bezeichnet werden, ohne jemanden auszuschließen oder zu diskriminieren.

Befürworter*innen der Sprachvariante des generischen Maskulins vertreten oft die Ansicht, dass diese Formen nicht geschlechtsspezifisch, sondern geschlechtsübergreifend gemeint seien und vom Publikum auch so verstanden würden, es finde keine Ausgrenzung statt.

Ein Hauptgrund für die Wehr gegen geschlechtergerechte Sprache in deutschsprachigen Raum, sind die Konzepte der Sprache, die seit Jahrhunderten gesprochen und geschrieben werden. Dem ergänzend steht die Angst des Indientitäsverlustes, wenn die eigene Sprach novelliert wird.

Die Verständlichkeit der Sprache und geschlechtergerechte Sprache stehen sich als konkurrierende Maxime gegenüber. Damit einhergehend stellt sich die Frage: Was haben wir eigentlich zu verlieren, wenn wir die Sprache an die heutige Gesellschaft anpassen? Was verlieren wir, wenn wir alle Geschlechter und Geschlechteridentitäten in Schrift und Sprache einbeziehen? Richtig, nichts.

So oder so. Sprache wandelt sich. Gesellschaft wandelt sich. Haben sie immer schon. Es gibt keine Gesellschaft in der nur Männer leben oder nur Männer und Frauen. Studien beweisen, dass sich vom generischen Maskulin nicht alle Menschen angesprochen fühlen. Für manche im Saal mag es befremdlich sein aber ja: es gibt auch Menschen, die sich keinem Geschlecht oder mehreren Geschlechtern zugehörig fühlen. Die Paarform, also beispielsweise Stadträte und Stadträtinnen, negiert, dass es mehr als zwei Geschlechter gibt.

Da dem nicht so ist, ist es wichtig, die richtige Form des Genderns zu wählen. Mit der Variante des Doppelpunktes gelingt die Sichtbarmachung aller Geschlechter und die Neutralisierung der Sprache in Bezug auf die Kategorie des Geschlechts. Der Gender:Doppelpunkt ist die jüngste Form der gendergerechten Sprache und gilt als leserinnen:freundlicher als das Gender-Sternchen oder der Unterstrich. Zudem ist er inklusiver, da er von Sprachausgabeprogrammen für Blinde oder Menschen mit Sehbehinderung am besten wiedergeben kann, in dem für den Doppelpunkt eine kurze Sprechpause, auch Gendergap, eingefügt wird.

Das Ändern der Hauptsatzung zur geschlechtergerechten bzw. ‑geschlechtersensiblen Sprache tut nicht weh. Es ist lediglich ein kleiner Schritt hinzu der Gleichberechtigung in der Kulturhauptstadt Europas 2025 und ein Signal an die Chemnitzer*innen, dass alle Geschlechter auf respektvolle Art und Weise angesprochen werden und sichtbar gemacht werden.

Der vorliegende Antrag beauftragt die Geschäftsstelle des Stadtrates in Zusammenarbeit mit der Gleichstellungsbeauftragten, mögliche Vorschläge zur Umsetzung der Hauptsatzung mit geschlechtersensiblen Sprache zu erarbeiten. Ich bitte Sie alle im Saal dem Antrag zuzustimmen.