Senior:innen nicht alleine lassen

Die Wortschöpfung „Coronapandemie“ ist sicherlich das (Un)Wort dieses Jahrhunderts. Seit gut 16 Monaten hält das Virus die Menschheit weltweit in seinen Fängen.

In den reichen Ländern – in Europa und den USA – scheint sich die pandemische Lage zu entspannen; der Gipfel der 3. Welle ist anscheinend überschritten. Dafür sind andere Länder wie Indien extrem betroffen und eine Entspannung ist noch lange nicht in Sicht. Deshalb ist es richtig und human, dass auch Deutschland den Menschen in Indien mit medizinischen Ausrüstungen und Personal hilft. Und zwar jetzt und nicht erst dann, wenn der Letzte in Deutschland geimpft ist und wir „freie“ Kapazitäten haben.

Chemnitz hat die 3. Welle nach einigen Wochen niedriger Fallzahlen seit geraumer Zeit wieder voll im Griff; mit Inzidenzen von mehr als 250 gehört unser Stadt längere Zeit zu den Hotpots in Deutschland.

In dieser Zeit die Situation trotzdem zu beherrschen ist auf die unermüdliche Arbeit im Pandemiestab der Stadt, in den Krankenhäusern, den Pflegeeinrichtungen und der mobilen Pflege, dem Impfzentrum und den Teststationen und deren Mitarbeiter:innen, den Hausärzten, aber auch der Disziplin der übergroßen Mehrheit der Einwohner*innen zu verdanken. Auch das Engagement von Wohnungsgenossenschaften und der GGG darf dabei nicht unerwähnt bleiben.

Dass die Ansteckungen vor allem in den Einrichtungen der Pflege und für Senior:innen stark zurückgegangen sind, ist der alles in allem gut funktionierenden Impfungen zu verdanken. Ein sehr hoher Anteil unserer älteren Bürger:innen ist komplett geimpft, dazu die allermeisten Angehörigen und die Pflegekräfte. Insofern wird es jetzt Zeit, die Einschränkungen besonders in den Pflege- und Altenheimen, aber auch für alleinlebende Ältere, die durchgeimpft sind, aufzuheben und Besuchsmöglichkeiten zu erleichtern. Aus unserer Sicht sind das keine Privilegien, die da eingeräumt werden, sondern menschlich nachzuvollziehendes, normales Leben in den Einrichtungen für ältere Menschen, die seit mehr als einem Jahr einsamer sind, als inzwischen notwendig.

Die Stadt Chemnitz muss in all ihren diesbezüglichen Einrichtungen schnell Erleichterungen schaffen und nicht die Verantwortung auf die Hausleitung Vorort delegieren. Dazu gehört auch, dass das gewohnte Leben in hier wieder ermöglicht wird.

Eine Ungleichheit zu jüngeren Menschen, die noch nicht oder gerade das erste Mal geimpft worden sind, herbeizureden, ist unredlich. Mit Erleichterungen bei den älteren Menschen zu warten, bis fast jeder Impfwillige „dran“ war ist inhuman. Trotz vieler Einschränkungen konnten die meisten mobilen Menschen sich innerhalb der Stadt bewegen; Andere mit Abstand und AHA–Regeln treffen, sehen, sprechen. Die Älteren konnten das nicht und sind
meist auf Besuche der Angehörigen angewiesen. Denen ein Stück Normalität zurückzugeben, ist nicht unsolidarisch, sondern das Gebot dieser Tage. Niemand soll im Alter ohne Not einsam sein.

Wir sind in der Pandemiebekämpfung noch lange nicht am Ende; aber wir sind weiter als vor einem Jahr gedacht. Nutzen wir die ersten Möglichkeiten für die, die auf unsere Menschlichkeit am stärksten angewiesen sind.