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Aus dem Stadtrat vom 2.6.: Rede zur Erhöhung der Elternbeiträge

Meine Fraktionsgemeinschaft wird bei dieser Vorlage unterschiedlich abstimmen. Unsere Meinungen gehen bei einzelnen Punkten auseinander, was ich hier kurz darlegen möchte.

Zum einen halten wir eine Erhöhung der Elternbeiträge gerade JETZT eigentlich nicht für vertretbar. Die Corona-Pandemie hat viele Eltern monetär belastet und durch die unklare wirtschaftliche Lage ist die zukünftige finanzielle Lage auch unsicher. Da ist jeder zusätzliche Euro natürlich eine Belastung.

Denn das Argument, es würden schon viele Eltern von der teilweisen (17 %) oder vollständigen (25 %) Befreiung von den Elternbeiträgen profitieren, vernachlässigt, dass es einen nicht unerheblichen Anteil von Familien gibt, die die Zahlung der Beiträge trotz Einkommen nur unter großen Anstrengungen leisten können. Eine Nachfrage des Stadtelternrates bei den Freien Trägern für das Jahr 2020 hat ergeben, dass bei einem Träger ca. 1.100 Mahnungen ausgesprochen werden mussten. Diese Eltern sind jetzt die Leidtragenden.

Daher stellen wir auch den Ergänzungsantrag, dass die Träger der Kitas immer wieder auf die Möglichkeit aufmerksam machen, dass ein Erlass oder die Ermäßigung von Elternbeiträgen möglich ist. Innerhalb einer „Kitalaufbahn“ kann sich immer mal die Einkommenssituation verschlechtern. Und da ist es gut, wenn die Eltern diese Information immer wieder vor Augen haben. Wir bitten daher hier schon einmal um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag.

Uns ist bewusst, dass wir bei der Erhebung der Elternbeiträge wenig Spielraum haben. Die Stadt hat seit elf Jahren diese nicht mehr erhöht. Jetzt fällt der Krippenbereich unter die gesetzlich vorgeschriebene Grenze von 15 % und die Stadt ist gezwungen die Elternbeiträge anzupassen. Im Haushaltsrecht hat der Landtag Sachsen festgelegt, dass den Landkreisen und kreisfreien Städten die Kita-Umlage um den Betrag gekürzt wird, den diese zum Beispiel nicht bei den Kitagebühren laut KitaGesetz von den Eltern erheben. Wenn wir also die Beiträge nicht wieder dem gesetzlichen Rahmen anpassen, sinken unsere Einnahmen doppelt: Verzicht auf die Kostendeckung durch die Eltern und Zuschusskürzung durch den Freistaat. Wir sind also zu einer Anpassung faktisch GEZWUNGEN, wenn wir nicht wollen, dass die Qualität in unseren Kitas sinkt.

Wir weisen daher ausdrücklich darauf hin, dass hier der Landtag in der Pflicht ist, nachzusteuern und zu regulieren. Dass dies geht zeigen ja auch andere Bundesländer, wie bspw. Berlin, wo eine vollständige Beitragsfreiheit herrscht, in Brandenburg gibt es das beitragsfreie Vorschuljahr oder in Hamburg sind die ersten 5h täglich beitragsfrei, danach ist es einkommensabhängig gestaffelt.

Einer Erhöhung der Elternbeiträge im geplanten Umfang können daher nicht alle Fraktionsmitglieder zustimmen, und die, die es mittragen, werden dies zähneknirschend tun.

Nun komme ich zum 2. Punkt, der in meiner Fraktionsgemeinschaft unterschiedlich bewertet wird: Die geplante Dynamisierung der Elternbeiträge, d.h.die jährliche Anpassung der Beiträge in einem festgelegten Prozentsatz von den Betriebskosten.

Natürlich ist es für Eltern dann nachvollziehbar und planbar, dass die Beiträge jährlich steigen, wenngleich vermutlich im einstelligen Euro-Bereich. Aber haben wirklich alle Eltern dies ständig im Blick? Ein Teil meiner Fraktionsgemeinschaft verneint dies und befürchtet, dass zahlreiche Eltern dann überrascht werden, wenn sie auf ihre Kontoauszüge schauen. Eine Vielzahl an Nachfragen bei Trägern und Verwaltung ist dann vorprogrammiert.

Zudem besteht auch die Kritik, dass wir als Stadtrat uns hier die endgültige Entscheidungsgewalt aus der Hand nehmen lassen. Bisher haben wir jede Erhöhung in diesem Gremium abgewogen und abgestimmt. Hier wird nun ein Automatismus eingeführt, der nicht von jedem bei uns gutgeheißen wird.

Bei aller Kritik müssen aber auch einige positive Aspekte noch kurz benannt werden:

Den Vorschlag der Verwaltung, die Beitragserhöhung auf alle drei Kita-Bereiche und nicht nur bei der Krippe zu verteilen tragen wir mit, da dadurch einzelne Familien nicht übermäßig belastet werden.

Auch die Anerkennung von unterschiedlichen Familienformen durch die Würdigung des paritätischen Wechselmodells bei den Erziehungsberechtigten – was wichtig ist für die Zählkindfolge und die Festlegung eines konkreten Stundensatzes für die tatsächlich notwendige Betreuungszeit in den Ferien, die über die vertraglich festgelegten Stunden hinausgehen, gehen wir mit.

Meine werten Kolleg:innen: Sie sehen, meine Fraktionsgemeinschaft macht es sich nicht einfach mit dieser Vorlage. Einfach weil das Thema zu brisant und auch zu komplex ist. Daher gibt es kein einheitliches Abstimmungsbild.

Und ich bitte nochmal um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag.