Aus dem Stadtrat vom 13.07.2022: Praktische Handhabbarkeit der Förderrichtlinie KulturErhalt des SMWK verbessern

Der Freistaat Sachsen und im Konkreten das Sächsische Staatsministeri-um für Wissenschaft, Kultur und Tourismus hat am 17. Mai 2022 eine Richtlinie “zur Förderung von Investitionen und Projekten von Kultureinrichtungen zur Überwindung der Folgen der COVID-19-Pandemie” gekürzelt “FRL KulturErhalt” herausgegeben, die auch für die Kunst- und Kulturszene und die Kulturwirtschaft der Stadt Chemnitz von großer und hilfrei-cher Bedeutung ist. Veröffentlich wurde diese Richtlinie im Sächsischen Amtsblatt Nr. 22 vom 2. Juni 2022, zugänglich seit dem 17. Juni diesen Jahres.
Nach Maßgabe dieser Förderrichtlinie gewährt der Freistaat Zuwendungen zum Zwecke der Unterstützung von Einrichtungen und zivilgesellschaftlichen Verbänden im Bereich von Kunst und Kultur im Freistaat Sachsen, die auf Grund der zum Infektionsschutz im Zusammenhang mit der CO-VID-19-Pandemie getroffenen behördlichen Maßnahmen und ihrer Folgen mit immensen Einschränkungen konfrontiert waren oder sind, die sich auf Inhalt, Umfang und wirtschaftlichen Leistungszweck ihrer Arbeit auswirken. Ziel ist es, durch die Zuschüsse Investitionen, Projekte, den Erhalt und die Sicherung der konstanten Arbeit der Einrichtungen und zivilgesell-schaftlichen Verbände zu ermöglichen und so zum Fortbestand der vielfäl-tigen Kulturlandschaft Sachsen beizutragen. Es geht um ein Gesamtför-dervolumen in Höhe von 16,7 Millionen Euro! An sich eine großartige Sache, für die man dem Freistaat und hier im Konkreten dem SMWK nur danken kann.

Das Problem liegt, wie vielfältige Signale aus dem Anwenderkreis, die insbesondere auch bei unserem Kulturbetrieb angekommen sind, zeigen, in der praktischen Umsetzbarkeit respektive in der zeitlichen Realisier-barkeit der Vorgaben für die Förderungszuerkennung und die Förderinan-spruchnahme.

Gefördert werden nach der Richtlinie Projekte, die den kulturellen Einrichtungen ermöglichen, in und nach der Pandemie ihre Arbeit gesichert und konstant weiterzuführen, insbesondere Veranstaltungen durchzuführen und dabei den Bedingungen des Infektionsschutzes aktuell und perspektivisch zu entsprechen und so auch künftig den kulturpflegerischen Auftrag verlässlich erfüllen zu können.

Förderfähige Projekte, wie sie die Richtlinie unter II. beispielhaft aufführt sind Konzeptentwicklungen zur Erhörung der Resilienz bezüglich möglicher weiterer pandemiebedingter Einschränkungen, Maßnahmen zur Fachkräfterückgewinnung und ‑qualifizierung für coronabedingte Aufgaben aber auch Investitionen in Infrastruktur für Digitalisierung und andere zeitgemäße technische Maßnahmen sowie Investitionen, die für die Um-setzung von Hygienekonzepten nötig sind, z. B. die Anschaffung von Be-lüftungssystemen, Testinfrastrukturen und anderen Ausstattungsgegen-ständen sowie dazugehörige Umbaumaßnahmen.

Die Crux ist dabei: Für die Einreichung entsprechender Anträge, die im erforderlichen Maße begründet, durch Dokumente belegt sein müssen, setzt die Richtlinie eine Frist bis längstens 31.10.2022. Das heißt, alles, was bis zu diesem Zeitpunkt nicht an formgerechten Anträgen bei der SAB als durch die Richtlinie bestimmter Bewilligungsstelle eingereicht ist, fällt von vornherein hinten runter. Hinzu kommt dann noch, worauf auch die Stellungnahme unseres Ober-bürgermeisters Sven Schulze ausdrücklich hinweist, dass unter Absatz IV. “Sonstige Zuwendungsbestimmungen” in Punkt 3. derzeit geregelt ist, “Die Maßnahmen und Projekte müssen vollständig in 2022 umgesetzt werden.”

Und da schlagen dann auch in entsprechend großer Zahl potentielle Zuwendungsempfänger Alarm, die hilflos mit den Schultern zuckend nachfragen, wie sie es denn bewerkstelligen sollen, innerhalb von vier Monaten nicht nur die entsprechenden Unterlagen für die Beantragung z. B. einer Investition in die Anschaffung von Belüftungssystemen mit entsprechenden Umbaumaßnahmen vorzulegen, sondern die Maßnahme auch schon umgesetzt zu haben. Allein schon eine von Fachfrau oder Fachmann er-stellte Projektstudie ist heutzutage kaum innerhalb von vier bis sechs Wochen zu ergattern, geschweige denn, dass in einem solchen Zeitraum ein entsprechendes Ausführungsunternehmen den Investitionsumfang belastbar ermittelt, bestätigt, begründet, realisiert etc. Die momentanen Wartezei-ten auf die dazu erforderlichen und sonstigen Fachgewerbe sind doch landauf ewig lang.

Nicht anders sieht es bei Investitionen aus, die die Richtlinie unter II. 2. b) als direkten Fördergegenstand bestimmt, nämlich solche in technische Maßnahmen zur Umgestaltung von Webseiten, digitale Kunst- und Kulturangebote, der Kauf von Ticketsystemen, in IT-Sicherheit und damit verbundene notwendige Anschaffungen und Umbaumaßnahmen betrifft. Bei unserem Kulturbetrieb aufgeschlagen sind beispielsweise auch Kinobetreiber, die spiegeln, dass es rein illusorisch ist, innerhalb des verfügba-ren Zeitraums von vier Monaten neben der Bewältigung des wieder anlaufenden Alltagsgeschäftes die notwendigen, auf empirische Daten gestütz-ten Konzepte für Publikumsrückgewinnung zu entwickeln und parallel die entsprechenden, von der Richtlinie teils detailliert vorgegebenen Angaben zum Nachweis der Zuwendungsvoraussetzungen zusammenzustellen.

Nochmal: Die Richtlinie deckt einen dringend notwendigen Bedarf ab!
Im Kulturbeirat am 16. Juni haben wir Informationen von Vertretern der Chemnitzer Kabarettszene zu deren aktueller Lage entgegengenommen. Darunter von einem Kabarett, das im Jahr 2025, in dem Jahr, wo sich Chemnitz als Europäische Kulturhauptstadt präsentiert, sein 50-jähriges Bestehen feiern will. Die Vertreter haben uns erklärt, dass durch die Belastungen der Corona-Pandemie und deren Nachwirkungen punktuell zum ersten Mal in der Entwicklung diese Kabaretts akut das Aus droht.

Durchaus vieles lässt sich mit der Richtlinie abfangen, aber es braucht längere Zeiträume, um die entsprechenden Zuwendungsvoraussetzungen zu erfüllen und die verfahrensseitig förmlich vorgegebenen Antragsmodali-täten zu bedienen. Die Antragsfrist muss verlängert werden und die Gewährsfrist für die entsprechenden Vorhaben, die bis zu 80 Prozent der förderfähigen Ausgaben beträgt, muss jedenfalls noch das Jahr 2023 umfassen. Momentan aber heißt es auf der Internetseite der Sächsischen Aufbaubank: “Ein Übertrag ins Jahr 2023 ist nach aktuellem Stand nicht möglich.”

Und genau diesen aktuellen Stand zu korrigieren ist das Anliegen dieses gemeinsamen Antrages der ihn tragenden Fraktionen von SPD, FDP, der Fraktionsgemeinschaft Bündnis 90/Die Grünen und unserer Fraktionsgemeinschaft DIE LINKE.Die PARTEI. Weil eben, wie es auch die Stellungnahme des Oberbürgermeisters aussagt, laut Einschätzung unserer Kulturverwaltung eine Realisierung von Projekten nach den jetzigen Konditionen fast “unmöglich” ist.

Umso mehr als die Richtlinie begrüßenswerterweise die Förderung auch auf Inhaber von kleinen und mittleren Spielstätten, die in den Bereichen darstellende Künste und Musik als Einzelunternehmer tätig sind und sich auch auf selbständige Angehörige der freien Berufe erstreckt, braucht es auch mehr Zeit für die Anleitung, für die Hilfe und Unterstützung der betreffenden potentiellen Zuwendungsempfänger z. B. durch unseren Kultur-betrieb, der hier ohnehin ein riesiges Stück Arbeit zu bewältigen hat.

Wir bitten Sie daher herzlich, liebe Kolleginnen und Kollegen, diesem Antrag zuzustimmen und damit unserem Oberbürgermeister und der Kultur-verwaltung die erforderliche Autorität für entsprechende konstruktive Verhandlungen mit dem Freistaat Sachsen und mit dem SMWK zu erteilen.