Aus dem Stadtrat vom 12. Oktober: Treibhausgasneutralität der Stadt Chemnitz bis spätestens 2040, klimaneutrale Verwaltung und Energiepolitisches Arbeitsprogramm 2022 bis 2025

Wir möchten unseren auf den Empfehlungen des AGENDA-Beirats beruhenden Änderungsantrag begründen.

Lassen Sie mich zu Beginn einen Blick über den Tellerrand werfen. Kollege Scherzberg befindet sich gerade auf der Rückreise von Salzburg, wo eine vom Klimaschutzministeriums Österreichs und dem Bundesumweltministerium veranstaltete Konferenz unter dem Thema: „Mit aktivem Umweltmanagement zur Klimaneutralität“ stattfand. Es ging dabei nicht nur um Ergebnisse und Ziele von Unternehmen der Privatwirtschaft, sondern auch um Kommunen und deren Betriebe.  So wurde u.a. das von Stadt und Land Salzburg gemeinsame Programm „Salzburg 2050“ vorgestellt. Dieses Programm ist ein Masterplan mit drei klaren Steps:

  1. Reduzierung der Treibhausgasemissionen um 50% bis 2030 auf Basis 2005
  2. Klimaneutralität bis 2040
  3. Energieautonomie bis 2050

Dass sie auf einem guten Weg sind, Punkt 1 zu erfüllen, konnte anhand der bisherigen Ergebnisse und der auf den Weg gebrachten Maßnahmen deutlich gemacht werden.

Allerdings hat natürlich Salzburg im Vergleich zu Chemnitz/Sachsen ein wohl deutlich höheres Budget und klare verpflichtende Maßnahmen, z.B. Austausch aller Ölheizungen bis 2025 und älterer Gasheizungen sowie keinerlei Neueinbau dieser! Alternativen sind Solar- und Geothermie sowie Biomasse, also Pellets und Holzhackschnitzel sowie Biogas. UND Ausbau von Nah- und Fernwärmenetzen mit diesen regenerativen Quellen.

Die Klimaneutralität bis 2040 zu erreichen, wird als ein sehr sportliches Ziel angesehen, weil die mobile Wende bisher mäßig sei. Und das in einer Stadt und einem Bundesland, wo der Anteil des Umweltverbundes im Modalsplit jetzt schon deutlich höher ist als in Sachsen und speziell in der Autostadt Chemnitz. Und das Ziel Energieautonomie habe ich hierzulande überhaupt noch nicht gehört.

Damit komme ich zur Vorlage selbst und zum Änderungsantrag. Der Stadtrat kann zweifelsohne die Punkte 1 bis 3 so beschließen, wie sie in der Vorlage stehen. Nur wie ehrlich ist das? Mit der Änderung der Verwaltung vor allem im Punkt 1 wird zwar der Diskussion im AGENDA-Beirat Rechnung getragen, aber geht noch nicht weit genug.

Im Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt und Sicherheit wurde deutlich, dass zum Ende des I. Quartals eine Evaluierung des Klimaschutzprogramms dem Stadtrat vorgelegt werden soll. Und das ist unser Ansatz: Zum einen werden wir sicherlich erst nach dem Winter die wirklichen Auswirkungen der Energiekrise einschätzen können. Und zum anderen sollten die konkreten Empfehlungen des Beirats geprüft und ggf. in das Klimaschutzprogramm eingearbeitet werden.

Außerdem ist eben bei einem Blick über den Tellerrand hinaus noch ziemlich Luft nach oben. Zwei Beispiele aus Karlsruhe, die u. a. zu einem der sechs verliehenen Management-Preise 2022 für die Stadtwerke Karlsruhe geführt haben:

Beispiel 1: Nachweis einer klimaneutralen Trinkwasserversorgung der Stadt Karlsruhe und angeschlossener Kommunen im Umland seit 2018

Beispiel 2: Forcierung des Ausbaus des Stromnetzes, denn augenblicklich sind beispielsweise vier Teslas mit Schnelladefunktion an einer 4fach-Aufladestation nur sehr selten möglich, weil dies das Netz gar nicht hergibt.

Kleine Zwischenfrage: Was gibt eigentlich des Chemnitzer Netz her, wenn die mobile Wende lt. der Planung umgesetzt würde? Eine Antwort sollte die Evaluierung des Klimaschutzpro-gramms 2023 geben.

Genau auch aus diesen Gründen sollten die Klimaziele 1 bis 3 einer Überprüfung unterzogen werden. Warum also jetzt beschließen und dann nächste Jahr wohl überarbeiten?

Die Antwort liegt in Punkt 4. Wir sollten unter keinen Umständen eine Re-Goldzertifizierung in Gefahr bringen. Deshalb muss der Punkt 4 beschlossen werden. Leider besitzen wir aktuell keine durch den Stadtrat beschlossenen Ziele, was sich negativ auswirken würde, wenn wir Anfang 2023 keine haben. Chemnitz wurde vor Kurzem zur Solarhauptstadt Deutschlands gekürt. Dies in Verbindung mit einem Verlust der EEA-Goldzertifizeriung wäre eben fatal. Mit unserer Formulierung zur Einleitung für die Punkte 1 bis 3 denken wir, ehrlich angesichts auch der aktuellen Energiekrise in die Goldzertifizierung gehen zu können.

Und Frau Kühnel/Herr Kunze: Niemand wird Ihnen den Kopf abreißen, wenn die Evaluierung des Klimaschutzprogramms bis Ende 2023 dauert: Lieber sachlich/fachlich nachvollziehbar und transparent, als unter Zeitdruck zusammengeschustert.

Nun komme ich noch zu Punkt 5: Zweifelsohne steht alles immer unter einem Haushaltsvor-behalt, aber Investitionen in Klimaschutz/Treibhausneutralität sind einfach zu wichtig, um sie zu verschieben.

Nutzen wir doch die anstehende HH-Diskussion dazu, endlich einen Fonds zur Umsetzung von Klimaschutzvorhaben mit eigener HH-Stelle auf den Weg zu bringen. Wir schieben HH-Reste für Vorhaben seit Jahren im investiven Bereichen in Millionenhöhe vor uns her. Warum stellen wir ein Vorhaben, was noch gar nicht begonnen wurde, und stellen es nicht mal mittelfristig zurück und nehmen einen Teil dieses Geldes für diesen Klimaschutz-fonds.