Aus dem Stadtrat vom 15.7.: Zweites Maßnahmepaket zur Folgenbewältigung der Coronapandemie und außerplanmäßige Mittelbereitstellung

Zur Bedeutung des jetzigen Beratungsgegenstandes, respektive dieses zweiten Maßnahmepaketes zur Folgenbewältigung der Coronapandemie, bedarf es nach der Einbringung der Vorlage durch Frau Oberbürgermeisterin nicht mehr allzu vieler Worte. Wir sehen das genauso: Diese Vorlage stellt eine inhaltliche und finanzielle Bestandsaufnahme zur Umsetzung des ersten Maßnahmepaketes aus Ende April diesen Jahres dar. Es gehört zur Originärität der Situation, in der wir derzeit leben, dass auf kommunaler Ebene viele Auswirkungen der Pandemie bzw. der Anstrengung zu ihrer Begrenzung nicht über Monate vorausgesagt werden können, sondern auf der Basis hinzukommender Erkenntnisse immer wieder nachgeschärft werden müssen. Wir teilen den Ansatz, dass es in der Verantwortung des Stadtrates und der Verwaltung liegt, die inzwischen weiter vorangeschrittenen Programme des Bundes und des Freistaates zur Abfederung von Corona subsidiär zu flankieren oder zu ergänzen.

Hier komme ich nochmal zurück auf unsere Debatte im vorangegangenen Tagesordnungspunkt, wo wir die von Kreatives Chemnitz e. V. initiierte Petition behandelt haben. Mehr als dieser subsidiäre Ansatz ist uns nicht möglich und würde uns von vornherein überfordern, wenn nicht gar mit Recht und Gesetz in Kollision bringen. Seit der maßvollen schrittweisen Lockerung der Beschränkungen etwa beginnend ab Ende April/Anfang Mai tut sich wieder einiges im gesellschaftlichen Leben dieser Stadt. Unser Stadtzentrum belebt sich. An guten Tagen werden Plätze vor den gastronomischen Einrichtungen rar. Wir kämpfen wieder gemeinsam mit der Bevölkerung um den Erhalt zentraler Einkaufseinrichtungen. Kulturelle Angebote, die im Rahmen des immer präsent mitzudenkenden Infektionsschutzes möglich sind und mit einer unwahrscheinlichen Kreativität und trotz manch notwendigem Improvisationsvermögen hoch professionell anspruchsvoll entwickelt werden, sind zunehmend gut besucht. Die dieser Tage eröffnete 4. Sächsische Landesausstellung 500 Jahre Industriekultur in Sachsen wird vielleicht nicht gleich Besucherrekorde verzeichnen können, aber motiviert im Sinne einer Normalisierung.
Heute berät der Landtag, wie wir annehmen in abschließender Lesung, den Entwurf des Gesetzes zur Unterstützung der Kommunen des Freistaates Sachsen zur Bewältigung der COVID-19-Pandemie. Mit der Annahme dieses Gesetzes und seinem Inkrafttreten haben wir endlich klare Bilder, was wir derzeit vom Freistaat Sachsen erwarten können. Das gibt uns ebenso ein höheres Maß an Handlungssicherheit wie das am 03.06.2020 von der Regierung beschlossene umfangreiche Konjunkturpaket, das ebenso zahlreich kommunale Belange tangiert.

Auch wir begrüßen u. a. die Entlastung der Kommunen bei den Kosten der Unterbringung und bei zu erwartenden Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer sowie Unterstützungsleistungen für den öffentlichem Personennahverkehr u. Ä. Wir gehen auch davon aus, dass die Bundesregierung in ihrer jetzt avisierten Beteiligung an Steuerausfällen für die Kommunen im Wort bleibt.

Aus unserer Sicht nimmt die Vorlage der Oberbürgermeisterin und der mitzeichnenden Dezernate diese Situation, diese Anknüpfungstatsachen sachgerecht auf und unterbreitet im Wesentlichen vernünftige und unterstützenswerte Vorschläge, die bereits klar abschätzbare Mindereinnahmen zum einen, coronabedingte Mehrausgaben im städtischen Haushalt zum anderen in den Blick nehmen. Ich verzichte jetzt darauf, auf die einzelnen Änderungsansätze in der Mittelbereitstellung einzugehen. In aller Regel liegt der Änderungsbedarf klar auf der Hand.
Worauf ich auch noch kurz eingehen möchte, sind die Bereiche Soziales, Kultur und Sport. Dass die Vorlage für den Bereich Soziales einschätzen kann, dass sich die gemeinsamen Handlungsleitlinien der Stadt Chemnitz und der LIGA der freien Wohlfahrtspflege im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe bewährt haben, bei den Leistungserbringern ein durchweg positives Echo ausgelöst haben, ist bemerkenswert. Dass ein Anstieg von Kindeswohlgefährdung auch dadurch verhindert werden konnte, erfreut. Die von uns beschlossene kommunale Sportförderung hat dazu beigetragen, dass der Sportbetrieb in unserer Stadt unter Beachtung der Hygienevorschriften sowie der Hinweise der einzelnen Sportfachverbände verantwortungsvoll wieder aufgenommen werden konnte. Der vom Stadtrat beschlossene Erlass von Mieten und Pachten in den Monaten März bis Juni 2020 hat dazu beigetragen.

Eine Differenz steht uns jetzt offensichtlich betreffend den Kulturbereich ins Haus. Das wiederum Bundes- und Landesmaßnahmen ergänzende kommunale Sonderprogramm In der Krise sichtbar und hörbar bleiben so, wie wir dies mit der ersten Corona-Vorlage B‑116/2020 für die Laufzeit vom 30.04. bis 30.06.2020 beschlossen haben, wurde von zahlreichen Kunst- und Kulturschaffenden genutzt. Nach den Meldungen der letzten Tage ist allerdings das für das Programm eingestellte Budget von 250.000,00 EUR erheblich überzeichnet. Wie schon im vorangegangenen Tagesordnungspunkt deutlich gemacht, plädieren wir angesichts der Tatsache, dass die fortdauernde Notwendigkeit angemessener Infektionsschutzmaßnahmen unverändert für zahlreiche Kleinstunternehmen, Selbstständige, Freiberufler und hier namentlich aus dem Bereich der Kultur- und Kreativwirtschaft zu gravierenden Einschränkungen ihrer Verdienstmöglichkeiten führen, nachdrücklich dafür, dieses Sonderprogramm In der Krise sichtbar und hörbar bleiben in der Form, wie wir es mit dem ersten Corona-Schutzpaket beschlossen haben, fortzusetzen. Dies ist der Ansatz des Änderungsantrages, den unsere und die Fraktion Bündnis 90/Grüne zum entsprechenden Teil der Beschlussvorlage B‑164/2020 eingebracht haben.

Der Ansatz hingegen, der Ihrem Änderungsantrag, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Ratsfraktion und der SPD-Fraktion zu Grunde liegt, nämlich unter der Überschrift In der Krise sichtbar und hörbar bleiben 125.000,00 EUR einzustellen und das ist natürlich wesentlich mehr als nichts aber eben weit weg von den ursprünglich in der Verständigung angedachten 200.000,00 EUR -, das Programm dann aber unter der Hand in ein Finanzierungsprojekt für den Chemnitzer Kultursommer bzw. die von der CWE zu koordinierenden Maßnahmen für die Belebung der innerstädtischen Handelsflächen umzufunktionieren, erachten wir für nicht sonderlich lauter.

Um nicht falsch verstanden zu werden: Es ist nichts dagegen zu sagen, die Finanzierung des Chemnitzer Kultursommers und unserethalben auch für die Belebung der Innenstadt durch Kulturinstitutionen zum Behufe der gleichzeitigen Unterstützung von Handel und Gastronomie zu gewährleisten. Dann nennen Sie das Kind aber auch beim Namen und kommen nicht über die Hintertür damit, dass Sie das Sonderprogramme In der Krise sichtbar und hörbar bleiben fortsetzen wollen. Denn für dieses war ja gerade verabredet, dass die Fördervoraussetzungen eben nicht an Zielvorgaben, Zweckbindungen etc. gebunden waren. Gleiches gilt für die in Ihrem Änderungsantrag zu 1. angelegte Nutzbarmachung des Sonderprogramms In der Krise sichtbar und hörbar bleiben für die Kulturhauptstadtbewerbung.

Was die in Ziffer 2 vorgesehene Einrichtung eines analogen Programms zu In der Krise sichtbar und hörbar bleiben für Gästeführerinnen und Gästeführer angeht, halten wir dies bei aller Akzeptanz der Förderwürdigkeit der Arbeit dieser Branchenvertreter*innen für schlicht willkürlich und nicht ausschließbar lobbygesteuert. Warum dann kein Sonderprogramm für den bislang wenig bedachten Kernbereich der Kreativwirtschaft?
Da lassen Sie den Pfad der Tugend und wecken, gewollt oder ungewollt, den Eindruck unterschiedlicher Wertigkeiten und Wichtigkeiten.
Wir beantragen bereits jetzt eine Einzelabstimmung zu Ihrer Beschlussvorlage nach den jeweiligen Punkten. Auch deshalb, weil wir beispielsweise die unter 3. vorgesehenen ergänzenden Aufwendungen und Auszahlungen in Höhe von 20.000,00 EUR etwa für den Projekttitel Familienkino auf dem Theaterplatz zur Unterstützung des Sächsischen Kinder- und Jugendfilmdienstes durch verschiedene Chemnitzer Kulturakteure gern mittragen.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!