Aus dem Stadtrat vom 25.11.: Chemnitz Inklusiv 2030

Heute, im November 2020, liegt der „Lokale Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Chemnitz – Chemnitz Inklusiv 2030“ zum Beschluss dem Stadtrat vor. Es war bis heute ein langer Weg. Seit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention ist mehr als ein Jahrzehnt vergangen:
2009 Ratifizierung durch Deutschland
2013 Beschlussantrag der Linken Fraktion zur Erarbeitung eines lokalen Teilhabeplanes
2014 die Stadtverwaltung legte eine Informationsvorlage zur Bestandserfassung vor
Es folgten drei Jahre „in Ruhe sanft“ ehe
2017 Die Linke/SPD/Grüne in einem Beschlussantrag die Umsetzung forderten
2020 die Beschlussvorlage „Chemnitz Inklusiv 2030“ liegt beschlussreif vor.
Wir resümieren: Immer war es die Initiative von linken Stadträten, die die Verwaltung zum Handeln auffordern musste.
Die Stadtverwaltung tat sich schwer mit diesem Aktionsplan! Verantwortlich war dafür die Verwaltungsspitze. Unsererseits gibt es für diese Haltung kein Verständnis, denn in Chemnitz leben fast 20 % der Menschen (jeder Fünfte) mit einem Handicap und über 12 % sind schwer-behindert (jeder Zehnte).
Ursachen für diese „schwere Geburt“ waren und sind vielfältig. Vor 10 Jahren waren zusätzli-che finanzielle Mittel ausgeschlossen. Dazu kam, dass die Verantwortlichkeit zuerst bei der Behindertenbeauftragten und beim Behindertenbeirat gesehen wurde. Nach prinzipiellen Aus-einandersetzungen im Stadtrat und in Ausschüssen haben wir für die entscheidende Änderung gesorgt: Die Verantwortung wurde bei der Oberbürgermeisterin angesiedelt.
Der vorliegende Aktionsplan mit einem Umfang von 219 Seiten wurde von 60 hauptamtlichen Mitarbeitern unter Mitwirkung vieler ehrenamtlich Tätiger erarbeitet. Die Leitung hatte Bil-dungsexperte Steinert, der über große Erfahrungen bei der Inklusion verfügt. Im Detail sind 136 Maßnahmen mit teils sehr komplexem Charakter formuliert. Dafür sprechen wir ihm und den vielen Mitarbeitern, haupt- und ehrenamtlich, den großen Dank aus.
Mit der Beschlussvorlage wird deutlich, die Umsetzung ist eine gesamtgesellschaftliche Auf-gabe. Inklusion bedeutet, dass alle Menschen einbezogen werden, mit oder ohne Handicap. „Barrierefreiheit ist für zehn Prozent der Bevölkerung unentbehrlich, für 40 Prozent notwen-dig und für 100 Prozent komfortabel.“ Das ist ein gängiger Slogan, vom Wirtschaftsministeri-um einst 2003 formuliert. Aber es ist mehr als „Barrierefreiheit“. Barrierefreiheit ist ein wichti-ges Grundelement, allein betrachtet wäre das aber eine unzulässige Einengung. Es geht um eine Gesellschaft für Alle, wo jeder Mensch seinen Platz entsprechend seinen Fähigkeiten und Möglichkeiten findet.
Deshalb ist der Weg zu einer gelebten Inklusion nicht Ressort-Aufgabe. Ein absolutes Um-denken war und ist weiterhin erforderlich. Ein Aspekt wird kaum gesehen: Menschen mit Handicap haben sehr spezifische Fähigkeiten. Erleben kann man das immer wieder beim Traumkonzert (seit 2011). Kraft, Potential und Lebensfreude werden sichtbar demonstriert – diese spezifischen Fähigkeiten, die jeder Mensch mit Handicap hat, sind viel besser zu nutzen! Als ein weiteres Bespiel möchte ich die blinden Stenografen nennen. Sie sind auf diesem Ge-biet unschlagbar.
Jetzt gilt es, den Aktionsplan umzusetzen. In den Haushaltsplänen der Stadt ist sichtbar zu machen, welche Maßnahmen finanziell in den einzelnen Jahresscheiben eingeordnet werden. Allein für die Stabsstelle sind jährlich 150.000 € einzuplanen. Da auch viele Maßnahmen um-zusetzen sind, die ohne zusätzliche Finanzen Wirkung zeigen, ist bei jedem Beschluss im Stadtrat und seinen Ausschüssen der Aktionsplan mitzudenken. Die Monitoring-Berichte sind zukünftig, so wie der Aktionsplan selbst, in allen Ausschüssen und Beiräten vor zu beraten. Damit beginnen wir, die erforderliche Breite bei der Realisierung der Maßnahmen zu organi-sieren. Weit über 100 Akteure sind benannt, die Stabsstelle ist voll gefordert!