Aus der Stadtratssitzung vom 18. Mai: Aktuelle Fraktionserklärung

In der letzten Stadtratssitzung hat Kollege Fritzsche eine Brandrede im Rahmen seiner Fraktionserklärung zum Mobilitätsplan 2040 gehalten. Unabhängig davon, daß ich manche Aussagen Programm zur Gängelei der Autofahrer nicht in der Vorlage gefunden habe, möchte ich heute den Faden aufgreifen.

Die Stadtratsvorlage sollte am 12.Oktober 2021 erstmals im AGENDA – Beirat beraten werden. Also musste sie Ende September im Geschäftsgang sein. Zuvor wurde der Plan über 2 Jahre mit Bürgerinnen und Bürgern, Verbänden und Initiativen breit diskutiert. Stadträte nahezu aller Fraktionen haben sich immer und aktiv eingebracht und letztlich keine Einwände gehabt. Also ist die sogenannte Fassung 1.3. als Vorlage für den Stadtrat entstanden.

Seit Oktober wurde der Mobilitätsplan im Ausschuss für Stadtentwicklung und Mobilität 3x und von der Tagesordnung des Stadtrates 2x runtergenommen. Immer mit dem Hinweis, es gäbe noch Änderungsbedarf oder Ergänzungen und man müsse da in der einen oder anderen Fraktion – besonders der der CDU – nochmals reden.

Damit mich niemand mißversteht, dass ist legitim. Warum man dafür 8 Monate braucht, erschließt sich mir aber nicht. Und warum die Kritiker des Planes nur reden und bislang nie etwas als Änderungsantrag zu Papier gebracht haben, gleich recht nicht.

Wenn trotz einer Vorlage von Ende September – von der Diskussion in der Bürgerschaft ganz zu schweigen – jetzt erst Fraktionen aufwachen oder noch klarer, merken, dass das Thema nicht ausgesessen werden kann, dann  hat das aus meiner persönlichen Sicht nichts mehr mit einer ordentlichen, die Stadt und ihre Bürger im Blick habenden Stadtratsarbeit zu tun. Wenn jetzt so getan wird, als hätten wir alle Zeit dieser Welt, dann kann man sich nur noch wundern.

Wenn einige Fraktionen nach der erneuten Absetzung der Vorlage in der letzten Stadtratssitzung jetzt in der Fraktion rumfragen, ob da wer welche Vorschläge noch hat, da hört bei mir jedes Verständnis auf. Wer dann noch beklagt, daß die Vorlage ja über 100 Seiten hätte und schwer zu begreifen sei, der sollte sich selbst hinterfragen.

Alle und ich betone alle, die an einer Mobilitätsentwicklung in der Stadt im 21. Jahrhundert – manche denken noch, man könne Mobilität auf dem Stand des späten 20. Jahrhunderts in die Zukunft führen – interessiert sind, hätten seit September 2021 Zeit gehabt, sich zu äußern und nicht irgendwelche verschwurbelte Thesen in die Welt zu setzen.

Nun gebe ich unserem Kollegen Renz recht, wenn er meint, jetzt, wo das berühmte Kind in den berühmten Brunnen gefallen ist, sollten wir mit Gründlichkeit die Vorlage nochmals beraten hin zu einer Version 1.5. Nur, was wir, glaube ich, nicht vergessen dürfen: Wer mit bürgerschaftlicher Beteiligung so umgeht, wie gerade bei dem Thema, der darf sich später mal nicht wundern, wenn sich niemand mehr beteiligt. Das ist auch unsere Verantwortung und der werden wir hier nicht gerecht.

Gerade unsere Stadtgesellschaft, die mehr gespalten als einig ist, müssen wir auf das bürgerschaftliche Engagement mehr achten und es nicht als demokratisches Feigenblatt nutzen. Gerade jetzt, wo die Sorgen der Menschen immer größer werden, in der soziale Fragen auch zu einer größeren Spaltung in unserer Gesellschaft führen können, müssen wir auch als Kommunalpolitik mehr und besser zuhören. Mehr zuhören, ohne dabei unsere eigene Meinung und unsere eigene Verantwortung als gewählte Stadträte an der Garderobe abzugeben.

Am Samstag habe ich ein Zitat eines sächsischen demokratischen Politikers gelesen. Gerade weil uns politisch Welten trennen, will ich ihn zitieren: „Wir brauchen eine andere Kultur in diesem Land. Mehr Partizipation, mehr Mitbestimmung und mehr Möglichkeiten, sich einzubringen.“