Aus dem Stadtrat vom 13.09.2023: Fraktionserklärung

Jugendclub droht erneut Schließung und Jugendeinrichtungen sollen Angebote streichen sind nur zwei Schlagzeilen der letzten Wochen aus der Presse. Dabei dachten alle und so wurde es auch am 18. Januar dieses Jahres kommuniziert dass die Stadt Chemnitz einen Vorschlag vorgelegt hat, der Zitat die Finanzierung der Projekte der Jugendarbeit, der Integrationsbegleitung sowie die Kinder- und Familienzentren bis Ende 2024 sichern kann. Und an anderer Stelle: erneut Zitat: Damit kann die Stadt Chemnitz alle eingereichten Projekte der Jugendarbeit ohne Abstriche fördern, sofern der Stadtrat unserem Vorschlag folgt. Der Stadtrat folgte dem Vorschlag selbstverständlich ohne Wenn und Aber, gutgläubig, dass er ernst und verbindlich gemeint war.

Die Abkehr der Stadtverwaltung von der eigenen Verheißung kam dann aber und zwar schneller als gedacht, als im Juli die Träger aufgefordert wurden, „freiwillige“ Sparmaßnahmen vorzulegen. Allzu verständlich der Aufschrei unter den betroffenen Trägern, in der Jugendhilfelandschaft, bei betroffenen Eltern, Kindern und Jugendlichen etc. Für den Stadtrat galt mal wieder das Prinzip: Lass dich überraschen…! Was um Himmels Willen hat Sie denn veranlasst, sechs Monate, nachdem Sie die Lage gerade mal beruhigt und die Empörung eingefangen haben, dieses Fass erneut wieder aufzumachen?

Was hat sich denn in diesen sechs Monaten verändert, was zu Beginn des Jahres noch nicht vorhersehbar war? Kommen Sie uns auch nicht mit dem relativ hohen Tarifabschluss im öffentlichen Dienst, denn dieser war absehbar und zu erwarten und als Inflationsausgleich letztlich auch angemessen. Auch das Argument, dass man zuerst die freiwilligen Leistungen anfasst, um Einsparungsmöglichkeiten zu eruieren, zieht nicht. Es handelt sich bei der Jugendarbeit nicht um eine freiwillige Leistung, wie ein Blick in den §11 SGB VIII und in verschiedene Rechtsgutachten zeigt.

Jetzt herrscht wieder Stress und Empörung bei den Betroffenen. Es ist wieder eine Lawine der Verunsicherung losgetreten, erneut wurde das Vertrauen in das Wort und in die Verlässlichkeit der Stadt verspielt. Wir können doch nicht Jahr für Jahr oder inzwischen jedes halbe Jahr auf einem Terrain, wo wir angesichts des Altersdurchschnitts der Stadtbevölkerung im Besonderen sensibel sein müssen, immer wieder erneut ein derartiges Fass aufmachen. Wir laufen doch handgreiflich Gefahr, damit engagierte, erfahrene und kaum ersetzbare Partner:innen in der Kinder- und Jugendarbeit zu verlieren sowie Kinder und ihre Eltern vor den Kopf zu stoßen.

Ein Bild von einem Chemnitz, das bei Kindern und Jugendlichen, gerade beim Angebot für diese betreffs Teilhabe an Kultur, Freizeit, Kommunikation und Integration spart, geht gar nicht!

Dass die Zeiten, speziell auch in finanzieller Hinsicht, nicht einfach sind, wissen wir alle. Keiner unterschätzt die Sorgen der Stadtspitze, keiner von uns will sich beim Nachdenken über Lösungsmöglichkeiten raushalten. Wir fühlen uns aber einfach, jedenfalls darf ich das für unsere Fraktionsgemeinschaft erklären, nicht wirklich gut informiert, nicht angemessen mitgenommen. Ein Schreiben des Kämmerers von Anfang Juli und eine kurze Sitzung dazu, sind nicht die Einbeziehung, die wir brauchen, um gemeinsame Lösungen zu finden.

Wir brauchen aktuelle und fortlaufende Informationen, wie konkret zum einen die einzelnen Ämter, zum anderen die Beschlusslagen des Stadtrates betroffen sind, ohne zu mauern, aber auch ohne zu dramatisieren. Bei Anzeichen derartiger Problemlagen braucht es einfach einen Austausch auf Augenhöhe zwischen Verwaltung, Stadtspitze und dem Stadtrat. Und genau diesen mahnen wir halt mit Nachdruck an.